Samstag, 5. Januar 2008

Heinz Rudolf Kunze: Tohuwabohu

Hier ein Songtext von Heinz Rudolf Kunze: "Tohuwabohu". (Schönes Wort.)

So wie man Ende der 60er Jahre eben Helga hieß, wenn man als Mädchen oben mitspielen wollte... aber ich war ja nicht mal ein Mädchen. Ich korrigierte das Ende des 2. Weltkriegs, mein böser Onkel trank Asbach, kotzte vom Balkon und sah Studentinnen nach, mit Blumen im Haar. Ich saß zwischen Hundegebirgen in karierten Gärten, spielte Wandergitarre, wie im CVJM gelernt, und konnte mich nicht entscheiden zwischen Reinhard Mey und "Kick Out The Jams, Motherfuckers".
Tohuwabohu...

Mitten in der Mathestunde entdeckten sie, ich brauchte eine Brille. Von Grzimeks Tierleben lernte ich Onanieren. In nichts war ich gut, außer in Angst, das kann man nicht lernen, das hat man. Hätte ich mit Vierzehn gewusst, in welche Raserei mich heute Unordnung bringt, ich hätte mir die Pulsadern aufgebissen. Mein bester Freund verließ mich für meine erste Freundin. Einen langen Moment war ich sicher, das sei nicht wieder gutzumachen. Er dauert noch an.
Tohuwabohu...

Im Unterricht hob ich meine häßlichen Pullis bis an die Brustwarzen ("Sei ganz ruhig! Du bist unter Feinden!"), der Lehrer fragte: "Probleme mit der Unterwäsche?" Seit damals schiebt wieder und wieder der gräßliche Zwilling die Kennkarte quer in meinen Kopf und reißt mir die lächelnden Mundwinkel blutig, verläßt mich niemals ganz der Wunsch nach 131 Tagen Koma.
Tohuwabohu...

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